Sollte jeder Mensch anders essen? Genbasierte Ernährung, Low Carb & Co.
Description
Kohlenhydrate-, Fett- oder Protein-Typ - welcher Ernährungstyp bin ich? Machen fettarme oder fettreiche, rein pflanzliche oder ausschließlich eiweißhaltige Nahrungsmittel Sinn? Eine verbindliche Aussage versprechen Anbieter von Gentests für personalisierte Ernährung. Doch diese sind höchst umstritten. Von Bernd-Uwe Gutknecht (BR 2024)
Credits
Autor dieser Folge: Bernd-Uwe Gutknecht
Regie: Martin Trauner
Es sprachen: Susanne Schroeder, Thomas Birnstiel, Rahel Comtesse
Technik: Anton Wunder
Redaktion: Iska Schreglmann
Im Interview:
Prof. Dr. Hans Hauner, Institut für Ernährungsmedizin, TU München
Monika Bischoff, Diplom-Ökotrophologin, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder München
Caroline Rauscher, Pharmazeutin und Ernährungsberaterin Kelheim
Einige ältere Damen im „Dorf der Hundertjährigen“ in Japan
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Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
RadioWissen finden Sie auch in der ARD Audiothek:
ARD Audiothek | RadioWissen
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Erzählerin:
„Stoffwechseltyp bestimmen und passende Gen-Diät finden!“
Erzähler:
„DNA- und Bioage-Test - tiefe Einblicke in deine Genetik für nur 229 Euro!“
Erzählerin:
„Mehr Wohlbefinden mit unseren Stoffwechselanalysen und Bluttests“.
Erzähler:
„All in one DNA-Test für nur 399 Euro!“.
MUSIK 1 hochziehen
Erzählerin:
Wer sich im Internet über gesunde Ernährung informiert, stößt zwangsläufig auf Werbeversprechen bezüglich personalisierter, genbasierter Ernährung. Sie suggerieren, dass mit einer einfachen Speichel- oder Urinprobe die DNA des Kunden ermittelt und daraus der perfekte Ernährungsplan entwickelt werden kann. Das Ziel: Traumkörper, unlimitierte Leistungsfähigkeit, quasi ewige Jugend.
MUSIK 1 hochziehen und aus
Erzähler:
Angeblich sind die DNA-Tests und die daraus abgeleiteten Ernährungstipps von Experten zertifiziert und garantiert.
Erzählerin:
Wissenschaftlich belegt und anerkannt ist die Tatsache, dass die individuelle Genzusammensetzung Einfluss darauf hat, wie der Körper mit verschiedenen Nahrungsmitteln klarkommt. Professor Dr. Hans Hauner leitet das Institut für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München:
Zusp. 1 Gene:
„Die Verdauung und Verwertung von Nahrungsmitteln ist natürlich ein sehr komplexes Geschehen. Der Stoffwechsel, den wir haben, ist Tag und Nacht damit beschäftigt, Energie bereitzustellen und zu funktionieren. Die Organe müssen ja auch optimal funktionieren, dazu sind viele Nährstoffe notwendig. Und das ist natürlich reguliert durch eine Vielzahl von Genen, die daran beteiligt sind.“
Erzähler:
Die Fachbereiche, die sich mit den Zusammenhängen von Genen und Essen beschäftigen, heißen Nutrigenetik und Nutrigenomik. Darauf spezialisierte Wissenschaftler haben etwa herausgefunden, dass gewisse Gen-Variationen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an Adipositas, also Fettleibigkeit oder Diabetes Typ 2 zu erkranken.
Zusp. 2 Bandbreite:
„Was wir wissen – und wir haben das selber in verschiedenen Studien angesehen – ist: wenn wir wirklich die identische Mahlzeit zehn oder 20 Personen geben, und schauen uns dann an, wie verändert sich der Blutzucker, das Insulin, Aminosäuren, was auch immer, sehen wir doch eine große Bandbreite der Antwort von Mensch zu Mensch.“
Erzählerin:
99,7 Prozent der Gene sind bei allen Menschen identisch. Aber die 0,3 Prozent Unterschiede können große Auswirkungen haben. Ein gut untersuchtes Beispiel ist der Melanocortin-4-Rezeptor: Er wird im Normalfall von 333 Aminosäuren gebildet. Bei einem Mangelzustand an diesen Proteinen kann die Signalweiterleitung des Sättigungsgefühls gehemmt sein. Und das kann zu ständigem Appetit und somit zu Übergewicht führen.
Zusp. 3 Zeit:
„Wir kennen die wichtigsten Stoffwechselprozesse und wissen auch, dass die zum Teil durch Genvarianten beeinflusst werden können. Bisher ist es uns noch nicht gelungen, diese Information zu nutzen, um vielleicht eine spezifische, individuelle Ernährung abzuleiten. Dazu stehen wir noch viel zu sehr am Anfang, das wird noch einige Zeit brauchen.“
Erzähler:
Dass eine über Gentests personalisierte Ernährung den Menschen leistungsfähiger oder generell gesünder werden lässt, hält Hauner für eine Marketing-Lüge. Er und sein Team haben in eigenen Studien die Aussagekraft solcher Gentests analysiert:
Zusp. 4 Gentests:
„Diese genbasierten Diäten sind wirklich durch die Bank völlig unseriös. Wir haben uns das auch angeschaut: was weiß man über bestimmte Gene und gibt´s da wirklich einen erkennbaren Zusammenhang zur Verarbeitung von Mahlzeiten oder zur Präferenz bestimmter Nährstoffe? Wir haben da kein konsistentes Muster gesehen. Das, was die Firmen behaupten, ist mehr oder weniger an den Haaren herbeigezogen oder ohne wirklich wissenschaftliche Substanz. Man kann davon wirklich nur abraten, es ist reine PR, um Produkte zu verkaufen.“
MUSIK: „The vote“ - Länge 0:36
Erzählerin:
Warum fallen aber dennoch viele Menschen auf die Werbung bezüglich Gentests herein? In einer Umfrage der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft gab fast jeder Fünfte an, sich vorstellen zu können, eine kostenpflichtige DNA-basierte Diät auszuprobieren. Fast jeder Zweite glaubt, dass er sich allein aufgrund der Informationen zu diesem Thema gesünder ernähren würde.
Erzähler:
Obwohl wir bei der Herausgabe unserer Geninformationen normalerweise sehr vorsichtig sind, scheint die Hemmschwelle bei der Aussicht auf einen optimierten Ernährungsplan zu sinken. Für medizinische DNA-Tests schreibt das Gendiagnostikgesetz eine ausführliche Aufklärung durch eine Medizinerin oder einen Mediziner zwingend vor.
Erzählerin:
Für die frei verkäuflichen Gentests zur Ernährung gilt das Gesetz nicht, weil diese Speichelproben als Lifestyle-Produkte deklariert werden. Die Gesellschaft für Humangenetik warnt seit Jahren davor, se