EU-Chefdiplomatin erwartet "entscheidende Woche" für Ukraine
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Die Gespräche von Verhandlern der USA und der Ukraine am Wochenende und die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen bestimmten das Treffen der EU-Verteidigungsministerinnen und -minister am Montag in Brüssel. Es könnte eine entscheidende Woche für die Diplomatie werden, betonte EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas in der Pressekonferenz. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) erklärte, sie habe Hoffnung, “dass wir dem Frieden ein Stück näher kommen”.
“Es ist klar, dass Russland keinen Frieden will”, so Kallas. Die Ukrainer würden bei den Gesprächen “alleine dastehen”, mit den Europäern wären sie stärker. Sie warnte in der Pressekonferenz nach dem Treffen vor einseitigen Verhandlungen und davor, den gesamten Druck auf die Ukraine auszuüben, und nicht auf den Aggressor Russland: “Die Russen müssen in eine Position gebracht werden, in der sie verhandeln müssen. Wenn wir wollen, dass dieser Krieg beendet wird und sich nicht ausweitet, sollte der gesamte Druck auf denjenigen ausgeübt werden, der begonnen hat, nämlich Russland.” Auch der deutsche Verteidigungs-Staatssekretär Sebastian Hartmann sagte, er sehe “keinerlei Verhandlungsbereitschaft Russlands”.
“Unsere Aufgabe ist es, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um das Opfer zu unterstützen, und nicht den Angreifer zu belohnen”, so Kallas am Montagnachmittag. Eine solide Finanzierung für die Ukraine sei dabei entscheidend. Die EU-Chefs hatten bei ihrem letzten Gipfel keine Einigung zur Nutzung der russischen Vermögen erzielt. Die Entscheidung wurde auf den nächsten Gipfel Mitte Dezember vertagt und die EU-Kommission aufgefordert, Optionen zur Aufbringung von Geldern zur weiteren Unterstützung der Ukraine auszuarbeiten. Diese braucht nach bald vier Jahren Krieg dringend weitere Hilfen.
Kallas versteht Sorgen der belgischen Regierung
Die Verteidigungsminister hätten heute betont, “dass wir uns dringend auf Finanzierungsoptionen einigen müssen”, so die Chefdiplomatin. Je stärker die Ukraine sei, desto schneller könne (Russlands Präsident Wladimir, Anm.) Putins Krieg beendet werden. Für die Estin ist klar, dass Russland Reparationszahlungen für die Schäden in der Ukraine schulde. Ein Reparationskredit auf der Grundlage eingefrorener Vermögenswerte sei daher die richtige Grundlage. Sie betonte aber, die Sorgen der belgischen Regierung zu verstehen.
Der belgische Premier Bart De Wever hatte in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag erneut den Widerstand seines Landes gegen die Nutzung der russischen Vermögen bekräftigt. Belgien fürchtet Repressalien Russlands. Als das Thema beim EU-Gipfel diskutiert wurde, hätten sich laut Kallas alle EU-Länder bereit erklärt, die Risiken zu teilen. “Wir müssen definitiv daran arbeiten und definitiv weitermachen”, so die Estin. “Russland hat angegriffen, wir müssen dafür sorgen, dass dies aufhört.”
Die Nutzung der russischen Vermögen ist für sie aber die beste von mehreren von der EU-Kommission vorgeschlagenen Optionen, wie die Aufnahme von Geld auf den Kapitalmärkten oder das Aufbringen der von der Ukraine benötigten Gelder durch die EU-Länder selbst. Kallas sieht eine Signalwirkung an die Ukraine, an Russland und an Washington: An die Ukraine ein Signal der starken Unterstützung, an Russland ein Zeichen dass es “uns nicht überdauern wird” und an Washington, “dass wir starke und glaubwürdige Schritte unternehmen”.
Tanner begrüßt alle Bemühungen um Frieden
Tanner sagte vor dem Rat in Brüssel, dass es im vierten Jahr des Krieges ganz wichtig sei, jede der Bemühungen für Frieden zu begrüßen. Europa und Österreich seien immer an der Seite der Ukraine gestanden, betonte die Verteidigungsministerin. Österreich helfe finanziell, humanitär, medizinisch, liefere aber keine Waffen und bilde aufgrund seiner Neutralität auch nicht daran aus. Dass viele Kriegsvertriebene und besonders Frauen mit Kindern in Österreich eine Heimat gefunden hätten, zeige, dass “wir sehr viel helfen”.
Bei der Diskussion um die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen zur Unterstützung der Ukraine ist die EU auch durch den Friedensplan von US-Präsident Donald Trump unter Druck geraten. Dieser sieht vor, dass ein großer Teil der eingefrorenen Gelder für Aufbauprojekte und Investitionen in der Ukraine unter US-Führung genutzt werden. Ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission ist in der Pipeline; die Bedenken Belgiens, wo die Vermögen lagern, sollen ausgeräumt werden.
Tanner erklärte, die Frage sei rechtlich “sehr herausfordernd”, die “Verhandlungen laufen ja noch”. Der Finanzierungsbedarf sei ein “unfassbarer”, das werde man beurteilen müssen. Man dürfe aber auch nicht die Augen verschließen, dass es viele Krisenherde gebe, “auf die muss man auch schauen”, das sei auch einzubeziehen neben der rechtlichen Frage. Auch Hartmann betonte erneut, dass hier “Rechtsfragen zu klären seien”. Alles, was möglich sei, müsse aber auch genutzt werden.
Österreich bei militärischer Mobilität schon gut unterwegs
Die Minister haben am Montag auch über weitere Maßnahmen gegen die russische Schattenflotte beraten. Es geht dabei um Schiffe, die mit ihren Transporten die EU-Russland-Sanktionen umgehen. Ein weiterer Schwerpunkt waren die Vorschläge der EU-Kommission für einen “militärischen Schengenraum”. Ziel ist, Truppen, Ausrüstung und militärische Güter innerhalb Europas vor allem im Krisenfall schneller zu transportieren.
“Wir sind in Österreich schon so weit, dass wir die drei Tage an Verlegungsfähigkeit schon erreichen”, sagte Tanner zu den Plänen der Kommission, die Verlegung von Truppen und Material innerhalb drei Tagens zu ermöglichen. Als neutraler Staat sei es wichtig, jeden Einzelfall zu beurteilen. “Grundsätzlich sind wir sehr gut unterwegs.” Dieser Vorschlag biete zudem finanzielle Möglichkeiten, die österreichische Infrastruktur zu verbessern, indem “wir uns hier auch Geld zurückholen” und in die österreichische Infrastruktur investieren.
Deutschland setzt weiter auf Nutzung russischer Staatsvermögen
Deutschland setzt weiter darauf, dass die EU die eingefrorenen russischen Staatsvermögen für einen Kredit von 140 Milliarden Euro an die Ukraine nutzen kann. Man setze auf die Gespräche der EU-Kommission mit Belgien, das Garantien gegen mögliche Klagen fordert. Auf die Frage nach einem Plan B sagt ein deutscher Regierungssprecher laut Reuters: “Die Bundesregierung ist vom Plan A so überzeugt, dass sie zunächst daran weiterarbeitet.”
(APA)




