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Peyote - Der heilige Kaktus Nordamerikas

Peyote - Der heilige Kaktus Nordamerikas

Update: 2025-09-19
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Description

In den Wüsten von Nordmexiko und Texas wächst ein unscheinbarer Kaktus mit großer Bedeutung: der Peyote. Heilig für indigene Völker, verboten für alle anderen - und bedroht. Wir tauchen ein in indigene Zeremonien, westliche Forschung und die Schattenseiten des Psychedelik-Booms. (BR 2025)

Credits


Autor/in dieser Folge: Marlene Thiele
Regie: Kirsten Böttcher, Thomas Birnstiel, 
Es sprachen: Berenike Beschle 
Technik: Anton Wunder / Atrium Studios
Redaktion: Bernhard Kastner




Im Interview:


- Johannes Neurath, Ethnologe; Matthias Liechti, klinischer Pharmakologe; 


- Pedro Nájera Quezada, Agrarökologe (auf Spanisch)



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Literaturempfehlungen:
Neurath, J. (2021). Becoming Peyote, or the Flowers of Wirikuta. In A. D. Turner & M. D. Mathiowetz (Eds.), Flower Worlds: A Synthesis of Mesoamerican Indigenous Thought (pp. 53–69). University of Utah Press.


Kommentar: Dieser englischsprachige Aufsatz bietet aktuelle, forschungsbasierte Einblicke in Rituale und Kosmologie der Huichol.



Neurath, J. (2020). Creating and Destroying the Upper Part of the Cosmos: A New Approach to Wixárika Cosmology. In A. Díaz (Hrsg.), Reshaping the World: Debates on Mesoamerican Cosmologies (S. 319–340). University Press of Colorado.


Kommentar: Dieser Beitrag befasst sich mit der Kosmologie der Wixárika, in der Peyote-Erfahrungen und Rituale eine zentrale Rolle spielen, auch wenn Peyote nicht der alleinige Fokus ist.



Neurath, J. (2002). Las fiestas de La Casa Grande. CONACULTA - Instituto Nacional de Antropología e Historia / Universidad de Guadalajara.


Kommentar: Dieses spanischsprachige Buch ist ein zentrales Werk von Neurath und befasst sich umfassend mit den rituellen Praktiken der Huichol, einschließlich der Rolle von Peyote in ihren Zeremonien und Festen.



Linktipps:


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Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.


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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:


SPRECHERIN


Die Sonne steht hoch über der mexikanischen Sierra de Catorce. Die Luft flimmert. Hier in der staubigen Halbwüste von San Luis Potosí wachsen neben niedrigen Gräsern und trockenem Gestrüpp auch allerlei Kakteen. Darunter der Peyote, der heilige Kaktus Nordamerikas. 


Ich mache mit einem lokalen Guide eine Führung durch die Region. Er hat einen Peyote ausfindig gemacht: graugrün, stachellos, kaum größer als eine Kinderfaust. Weil die Knolle leicht übersehen werden kann, hat er sie mit kleinen Steinen eingerahmt. Fotos von der Pflanze sind erlaubt, Videos nicht, sagt er uns. Und natürlich dürfen wir den Kaktus auf keinen Fall ausgraben oder abschneiden.



Musik 2: GEdeik 



01 Zsp. Peyote - GUIDE


Overvoice männlich:


Für jede geerntete Peyote-Knolle drohen je nach Größe fünf bis zehn Jahre Gefängnis.




SPRECHERIN


Für diese harte Bestrafung gibt es zwei Gründe: Der Peyote wächst nur im Norden von Mexiko und im äußersten Süden von Texas und wird


dort immer seltener. Der Kaktus wächst sehr langsam – dieser hier, von der Größe eines kleinen Pfirsichs, ist wahrscheinlich schon 40 Jahre alt. Gesammelt wird er trotzdem, wegen seiner kulturellen Bedeutung und dem enthaltenen Meskalin – einer stark halluzinogenen Substanz. Auch deswegen ist das Sammeln verboten: Der unscheinbare Knollen-Kaktus gilt in Mexiko und auch in den USA als illegales Betäubungsmittel.


Erlaubt ist nur die rituelle Nutzung für Indigene. Denn für einige Völker gehört der Peyote seit Jahrhunderten zu ihrer Kultur, erklärt der Ethnologe Johannes Neurath: 





02 Zsp. Peyote - JOHANNES NEURATH


Die Kultur der Peyote kommt von der Kultur der Chichimeken. Im Norden von Mexiko gab es diese Jäger und Sammler-Völker, die teilweise sesshaft waren. Also die Huichol sind Teil dieser Kultur, dieser chichimekischen Kultur, und die ist, sagen wir, dokumentiert schon 2.000 Jahre mindestens.



SPRECHERIN


Der Ethnologe Johannes Neurath ist Österreicher, lebt und forscht aber seit den frühen 1990er Jahren in Mexiko. Sein Fachgebiet sind die Huichol – auch Wirárika genannt –, die unter anderem in den mexikanischen Bundesstaaten Jalisco, Nayarit und Durango leben. Hier in der Sierra de Catorce sind sie auf Besuch, wenn sie die heilige Region Wirikuta besuchen. Sie sind eines der bekanntesten indigenen Völker Mexikos, unter anderem wegen ihrer farbenfrohen Kunst und der einzigartigen Peyote-Tradition. 


Für sie ist der Kaktus ein Wundermittel gegen so gut wie alles: Er wirkt antibakteriell, kann Schmerzen lindern, Entzündungen hemmen und wird in der traditionellen Medizin auch gegen Fieber, Diabetes oder Hautkrankheiten eingesetzt. 


Doch seine wichtigste Wirkung entfaltet er auf spiritueller Ebene, denn er gilt als Mittler zwischen Menschen und Göttern.





03 Zsp. Peyote - JOHANNES NEURATH


Für die Huichol ist der Peyote keine Droge, sondern es ist eine Person. Ja, es ist nicht einfach eine Droge und auch nicht eine Pflanze, sondern es ist ein Mensch, ein Huichol, eine Person.





SPRECHERIN


Wer die Weltsicht der Huichol verstehen will, stößt schnell an sprachliche und gedankliche Grenzen. Ein großer Teil ihrer Realität spielt sich in einer Art Traum-Welt ab, gilt aber nicht als weniger real. Die Visionen und die „gewöhnliche“ Realität bedingen sich gegenseitig und sind dabei im stetigen Wandel.


Nach dem Verständnis der Huichol ist alles beseelt. Die Sonne ist der Vater, das Meer ist die Mutter, das Feuer der Großvater. Und der Peyote? Der hat bei den Huichol den Namen „Hikuri“ und ist sowas wie ein älterer Bruder oder ein Lehrer. Auf jeden Fall hat er einen eigenen Willen und ist essenziell für die Ordnung der Welt. 


Bei den in der Trockenzeit stattfindenden Peyote-Zeremonien öffnet er die Sinne, damit man die Traumwelt betreten kann. Was in den Peyote-Visionen geschieht, wird nicht interpretiert, sondern bewusst gesteuert.





04 Zsp. Peyote - JOHANNES NEURATH


Das richtige Träumen ist nicht so, wo man einfach schläft und unbewusst irgendwelche Sachen sieht – sondern, dass man wirklich lernt, die Träume zu steuern. Also Sachen absichtlich zu machen, während man träumt.





Musik 3: Musique pour...Peyotl aus: Musiques Mexicaines 





SPRECHERIN


Gelernt hat er das durch Zuschauen und Teilnehmen. Erklärungen gab es nicht, sagt er. Und berichtet, wie so ein Fest abläuft: 


Die Peyote-Zeremonien finden in den Bergdörfern der Gemeinden statt, auch im Wald oder auf alten Plätzen vor präkolumbianischen Tempelanlagen. Männer, Frauen und Kinder nehmen teil. Sie tragen traditionelle weiße Kleidung mit bunten Stickereien, die Männer außerdem farbenfrohe, mit Federn verzierte Hüte. Alle haben vorher gefastet und einige Tage wenig geschlafen – so können sie leichter in die Traum-Welt abtauchen. 


Übergang in Musik 4: Trommeln 


Die Erschöpfung merkt kaum einer, denn fast jeder hier konsumiert Peyote. Das darin enthaltende Meskalin hat neben einer halluzinogenen auch eine aufputschende Wirkung. Die Musik ist monoton, fast tranceartig, manchmal nur von Trommeln oder einer Rassel begleitet. Dazu wird tagelang getan

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Peyote - Der heilige Kaktus Nordamerikas

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Marlene Thiele