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Polen verweigert Auslieferung von Nord-Stream-Terrorverdächtigem – wie reagiert die Bundesregierung?

Polen verweigert Auslieferung von Nord-Stream-Terrorverdächtigem – wie reagiert die Bundesregierung?

Update: 2025-10-09
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Der polnische Premier Donald Tusk hatte am 7. Oktober öffentlich erklärt, dass es nicht im Interesse Polens sei, den auf Basis eines europäischen Haftbefehls festgenommenen Ukrainer Vladimir Z., der laut Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft (GBA) aktiv an der Sprengung der zivilen Infrastruktur Nord Stream beteiligt war, an Deutschland auszuliefern. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund unter anderem wissen, wie die Bundesregierung diesen Vorgang, der ja auch mit einem Bruch der Gewaltenteilung einhergeht, bewertet. Zudem kam die Frage auf, was für Konsequenzen die Bundesregierung aus dem bisher bekannten Ermittlungsstand der GBA zieht, der auf eine Involvierung hochrangiger staatlicher ukrainischer Akteure mit CIA-Verbindung bei dem Terroranschlag gegen das Pipelinesystem hindeutet. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Hintergrund

Im Rahmen einer Pressekonferenz am 7. Oktober erklärte der polnische Premierminister Donald Tusk, es sei nicht im Interesse Polens, den am 30. September in Warschau auf Grundlage eines von der Bundesanwaltschaft erwirkten europäischen Haftbefehls festgenommenen Ukrainer Vladimir Z. nach Deutschland auszuliefern. Weiter verkündete er in diesem Zusammenhang:

„Das Problem Europas, der Ukraine, Litauens und Polens ist nicht, dass Nord Stream 2 gesprengt wurde, sondern dass es gebaut wurde.“

Diese Aussage wiederholte er dann noch in englischer Sprache auf seinem offiziellen X-Kanal:

The problem with North Stream 2 is not that it was blown up. The problem is that it was built.

— Donald Tusk (@donaldtusk) October 7, 2025

Zuvor hatte sich die Bundesanwaltschaft in einer Pressemitteilung noch optimistisch gegeben, was eine baldige Auslieferung des Tatverdächtigen angeht:

„Der Beschuldigte wird nach einer Überstellung aus Polen dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt.“

Von der Bundesregierung gab es zunächst keinerlei proaktive Reaktion auf die provokanten Äußerungen des polnischen Premiers. Dass es auch anders geht und man durchaus selbstbewusst Tusk in seine Schranken weisen könnte, zeigt das Beispiel des ungarischen Außenministers Péter Szijjártó. Dieser nahm direkt Bezug auf die Aussagen des polnischen Regierungschefs und erklärte diesbezüglich:

„Laut Donald Tusk ist die Sprengung einer Gaspipeline akzeptabel. Das ist schockierend, denn man fragt sich, was sonst noch als verzeihlich oder gar lobenswert gelten könnte. Eines ist klar: Wir wollen kein Europa, in dem Ministerpräsidenten Terroristen verteidigen.“

According to @donaldtusk, blowing up a gas pipeline is acceptable. That’s shocking as it makes you wonder what else could be blown up and still be considered forgivable or even praiseworthy. One thing is clear: we don’t want a Europe where prime ministers defend terrorists. https://t.co/39wYJkRgfL

— Péter Szijjártó (@FM_Szijjarto) October 8, 2025

Wie die Berliner Zeitung berichtet, soll Polens Außenminister Radoslaw Sikorski sogar erwägen, dem tatverdächtigen Ukrainer politisches Asyl und einen Orden für die Sprengung von Nord Stream zu verleihen. Sollte dies zutreffen, wäre das ein ungeheurer Affront gegenüber Deutschland und eine explizite Belohnung für die Durchführung eines Terroranschlags. Davon abgesehen fällt weder die Erteilung von Asyl noch Orden in die Kompetenzen des polnischen Außenministers. Ein Außenminister, der zuvor noch, damals noch in der Rolle als EU-Abgeordneter, den USA für die Zerstörung von Nord Stream öffentlich gedankt hatte:

Vor diesem Hintergrund sollte man sich noch einmal vergegenwärtigen, dass der Terror-Anschlag gegen Nord Stream, und nichts anderes ist die aktive Sprengung von ziviler Infrastruktur, als der größte Sabotageakt in der Geschichte Europas gilt. Deutsche Konzerne hatten rund acht Milliarden Euro in Nordstream 1 und 2 investiert. Allein der Bau der Pipeline Nord Steam 2 sorgte laut einer Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages von 2024 für über 24.000 Arbeitsplätze in Deutschland.

Sowohl die bisher bekannt gewordenen Ermittlungsergebnisse der GBA als auch Recherchen des Nachrichtenmagazins SPIEGEL deuten darauf hin, dass hochrangige staatliche ukrainische Akteure mit Verbindungen zum US-Auslandsgeheimdienst CIA in den Terroranschlag involviert waren.

„Die Verantwortlichen für den größten Sabotageakt in der Geschichte Europas, darauf deutet vieles hin, waren alles in allem etwa ein Dutzend Männer und eine Frau aus der Ukraine. Einige sind Zivilisten, andere Soldaten. Sie wurden angeheuert und ausgebildet von einer Gruppe, die über Jahre immer wieder Geheimoperationen für den ukrainischen Sicherheitsapparat plante und durchführte. Manche der Täter haben weit in die Vergangenheit reichende Verbindungen zur CIA.“

Was für Konsequenzen im Umgang mit der Ukraine zieht die Bundesregierung aus diesen Erkenntnissen? Keine:

Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 8. Oktober 2025

Frage Lejman (Deutschlandkorrespondent TV Polsat News)
Herr Kornelius, wie zuversichtlich ist die Bundesregierung, dass Wolodymyr Z. von Polen nach Deutschland ausgeliefert wird? Ich frage nicht nur unter juristischem Aspekt, sondern auch politisch. Anders als in Deutschland wird dieser Fall in Polen nicht unbedingt gesellschaftlich und politisch als Sabotage betrachtet.

Regierungssprecher Kornelius
Sie wissen, dass das ein Verfahren ist, das beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe liegt. Er führt die Ermittlungen; diese Ermittlungen laufen. Die Bundesregierung ist nicht Teil dieser Ermittlungen, deswegen werde ich mich nicht dazu äußern.

Zusatzfrage Lejman
Laufen schon irgendwelche diplomatischen Kanäle parallel zu diesen Ermittlungen?

Kornelius
Die Justiz arbeitet in dieser Frage unabhängig.

Frage Esipov (Deutsche Welle)
Der polnische Ministerpräsident Tusk hat gestern gesagt, das Problem von Nord Stream sei nicht, dass es gesprengt wurde, sondern dass es gebaut wurde. Wie bewerten Sie diese Aussage?

Kornelius
Die Aussage haben wir zur Kenntnis genommen. Wir kommentieren sie nicht. Die Bundesregierung hat, wie gesagt, ein hohes Interesse daran, dass die Hintergründe juristisch aufgeklärt werden, und dazu müssen wir jetzt auch die Entscheidung der polnischen Justiz abwarten.

Zusatzfrage Esipov
Wie kommentieren Sie denn das, was im September 2022 mit Nord Stream passiert ist?

Kornelius
Meinen Sie die Sprengung? – Ich verweise auf das, was die Bundesregierung damals kommentiert hat. Ich sehe heute keinen Anlass, diesen Vorfall noch einmal zu kommentieren.

Frage Warweg
Ich versuche es auch noch einmal. Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung denn die Weigerung des polnischen Premiers, den wegen des Terroranschlags gesuchten Tatverdächtigen Wolodymyr Z. auszuliefern, auch vor dem Hintergrund bewertet, dass das ja eigentlich eine Angelegenheit zwischen der deutschen und polnischen Judikative sein sollte.

Kornelius
Aus unserer Sicht ist das ein Vorgang, der bei der deutschen Justiz und der polnischen Justiz liegt, und insofern würde ich ihn auch dort belassen. Was andere dazu kommentieren, habe ich nicht zu kommentieren.

Zusatzfrage Warweg
Der erwähnte Terroranschlag gegen die Nord-Stream-2-Pi

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Redaktion NachDenkSeiten