Stoppt endlich die Asozialen Medien
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Ende November beschloss[1] das australische Parlament mit überwältigender Mehrheit ein Gesetz, das Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren die Nutzung von Social Media verbietet.[2] Medien wie TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit, X und Instagram müssen mit Strafen von bis zu 50 Millionen Australische Dollar – das entspricht etwa 30 Millionen Euro – rechnen, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen. Die Konzerne haben jetzt ein Jahr Zeit, ihre Systeme so einzurichten, dass Jugendlichen und Kindern unter 16 die Nutzung nicht mehr möglich ist. Laut Umfragen befürworten 77 Prozent der Australier diese Maßnahmen.[3] Von Christian Kreiß.
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Im Vorfeld der Entscheidung fand im Oktober 2024 ein Gipfeltreffen mit australischen Führungskräften und Politikern statt. Dort führte der renommierte amerikanische Psychologe Jonathan Haidt aus: „Was wir derzeit erleben … ist die die größte Vernichtung von Humankapital und Humanpotenzial in der Menschheitsgeschichte“ durch Social Media.[4] Haidt drängte die australische Regierung, „die sozialen Medien-„Monster“ zu schlachten, die die Tech-Giganten seines Heimatlandes geschaffen“ hätten. Australien solle auf den Weg führen, das Schlamassel (the „mess“) aufzuräumen, das Amerika für die Welt angerichtet habe.
Die derzeitige exzessive Nutzung der Social Media wie Meta Snap und ByteDance führe dazu, dass Kinder mit gewalttätigen, sexuellen sowie raubtierhaften, rücksichtslosen („predatory“) Inhalten konfrontiert würden – mit negativen Auswirkungen auf die Erziehung, die geistige Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden. Die Konzerne würden niemals etwas dagegen unternehmen, wenn sie nicht gesetzlich dazu gezwungen würden. Das bestätigen ausführliche Untersuchungen zu Facebook und Mark Zuckerberg.
Die dunkle Seite von Facebook, Instagram und Mark Zuckerberg
Bereits ab September 2021 veröffentlichte das Wall Street Journal eine ungewöhnlich umfangreiche Artikelserie zu Facebook. Dem Journal waren interne Unterlagen des Medienkonzerns zugespielt worden, die unter anderem die stark negativen Auswirkungen von Instagram auf die geistig-seelische Gesundheit insbesondere junger Mädchen aufzeigen.[5] Laut den internen Unterlagen wussten Facebook und Mark Zuckerberg beispielsweise, dass 32 Prozent der Teenagerinnen sich nach Instagram schlechter fühlten, wenn sie sich bereits vorher schlecht gefühlt hatten. „Vergleiche auf Instagram können verändern, wie sich junge Frauen sehen und sich selbst beschreiben.“ Außerdem wusste Facebook demnach genau, dass Instagram süchtig macht.
In der Öffentlichkeit hätten aber Mark Zuckerberg und andere Führungskräfte von Facebook immer wieder betont, dass die Forschungsergebnisse nicht eindeutig seien, dass Facebook wenig schädlich sei und auch viele vorteilhafte Einflüsse habe. Ein US-Senator meinte, Facebook habe die Blaupause von Big Tobacco übernommen – Teenager mit gefährlichen Produkten ködern und gleichzeitig in der Öffentlichkeit die wissenschaftlichen Ergebnisse verheimlichen. Die US-amerikanische Psychologie-Professorin Jean Twenge führte aus: Zu glauben, dass ein Tabakkonzern ehrlicher mit dem Zusammenhang zwischen Rauchen und Krebs umgehen solle, sei ebenso naiv wie zu glauben, dass Facebook ehrlicher mit dem Zusammenhang von Instagram und Depressionen von Teenagerinnen umgehen solle.
Der Leiter des US-Gesundheitswesens empfiehlt: Keine Nutzung von Social Media unter 16
Auch andere führende US-Wissenschaftler bestätigen die Aussagen von Jonathan Haidt. Mitte Juni 2023 erschien im Wall Street Journal ein Artikel mit der Überschrift: „Warum 16 das Mindestalter für Social Media sein sollte – Ein Plädoyer, Tiktok, Snapchat und Instagram für Kinder unter 16 zu verbieten“.[6] Da die Schäden von Social Media die Nutzen überwögen und da die bestehenden Gesetze Marketing und Datensammeln schützten, nicht die Sicherheit für Kinder, empfahl die Zeitung, analog dem Autofahren Kindern erst ab 16 Jahren die Nutzung von Social Media zu erlauben. Das Wirtschaftsjournal berief sich dabei auf die Aussagen des Arztes Vivek Murthy.
Vivek Murthy ist nicht irgendwer. Er ist Leiter des US-Gesundheitswesens („Surgeon General“) und will seinen eigenen Kindern, 5 und 6 Jahre alt, vor 16 keinen Zugang zu Social Media geben. Es gebe viele wissenschaftliche Hinweise darauf, dass die Nutzung von Social Media ab 10 Jahren zu der derzeitigen Youth Mental Health Crisis beitrügen. Murthy sieht diese als die derzeit größte Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen an. Ärzte und Politiker seien sich einig, dass 13 für die Nutzung von Social Media zu jung sei. Unter 16 seien die Jugendlichen viel zu empfindlich für Gruppendruck, Meinungen und Vergleiche. Das Gehirn sei in diesem frühen Lebensalter in seiner Entwicklung noch viel zu verwundbar, um es den Social Media auszusetzen. Das sind überraschende Aussagen für ein Wirtschaftsjournal, das sich für einen möglichst freien Kapitalismus einsetzt.
Umfang des Medienkonsums in Deutschland
In einem vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Bericht von Oktober 2022 zu den Folgen der Corona-Zeit auf den Substanz- und Medienkonsum[7] heißt es, dass während der Corona-Zeit eine deutliche Zunahme des Medienkonsums von Jugendlichen (14-17 Jahre) und jungen Menschen (18-21 Jahre) in Deutschland stattgefunden habe. Er betrage bei Jugendlichen derzeit fünf Stunden pro Tag an einem typischen Wochentag (Schultag, Arbeitstag) und knapp sieben Stunden an freien Tagen. Sieben Stunden. Das ist fast die Hälfte der wachen Tageszeit. 2015 waren es noch knapp drei Stunden gewesen (166 Minuten täglich).[8]
Etwa 60 Prozent der Jugendlichen und 57 Prozent der jungen Erwachsenen zeigten demnach „ein problematisches Internetnutzungsverhalten“. Das betrifft Mädchen bzw. Frauen häufiger als Jungen: Bei den Mädchen zeigen 67,7 Prozent, bei den Jungen 50,5 Prozent ein Internet-Suchtverhalten, bei den jungen Frauen 63,6 Prozent, bei den jungen Männern 49,4 Prozent.
Kurz: Drei von fünf Jugendlichen in Deutschland im Alter von 14 bis 17 zeigen derzeit ein „problematisches Internetnutzungsverhalten“. Welche Auswirkungen hat diese übermäßige, zwanghafte Internetnutzung?
Mediennutzung und seelische Belastungen von Mädchen und jungen Frauen
Seit etwa 2015 zeichnet sich ein Trend zur Verschlechterung der geistig-seelischen Gesundheit junger Mädchen ab, die zu stark steigenden Selbstmorden und Selbstverstümmelung führt. Die Statistiken sprechen eine beeindruckende Sprache. Seit 2010 sind laut Economist in 11 Ländern die Krankenhausaufenthalte von Teenagerinnen wegen Selbstverstümmelung um 143 Prozent gestiegen. Bei Jungen stiegen sie um 49 Prozent. Als Hauptgrund dafür wird die stark zunehmende Nutzung von Social Media, insbesondere Instagram genannt. Smartphones sind demnach besonders gefährlich für Mädchen, weil Jungs sich mehr mit Videospielen beschäftigen und weniger mit „depressions-erzeugenden Social Media“. Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass Social Media Trauer und Angst bei Teenagern erzeugen können.[9]
Laut dem Guardian, der sich Anfang 2021 auf eine Studie des British Journal of Psychiatry bezieht, haben in Großbritannien 7 Prozent aller Kinder mit 17 Jahren einen Selbstmordversuch begangen und fast jeder Vierte beging einen Akt der Selbstverstümmelung im letzten Jahr. Davon waren besonders Mädchen betroffen. Als ein Grund wird genannt, dass „Social Media ein toxisches Umfeld“ sein können.[10]
Im britischen Oberhaus gab es Anfang 2022 angesichts der steigenden Fallzahlen von Suiziden und Selbstverstümmelungen bei Mädchen eine umfangreiche Anfrage darüber, „welche Rolle Social Media beim Tod von Kindern in Großbritannien spielten, inklusive Selbstmorde, Selbstverstümmelung und Mord“.[11]
Auswirkungen der Mediennutzung auf unsere Jungs
Jungs nutzen teilweise andere Arten von Social Media, andere Computerspiele und sie reagieren meist auch anders als Mädchen auf Mediennutzung. Während Jungs die Aggression stärker nach außen leben, reagieren Mädchen oft mit Aggression nach innen (Autoaggression). Kriegs- und Killer-Simulationen wie Fortnite[12], World of Warcraft, Call of Duty[13] und so weiter werden mehrheitlich von Jungs und jungen Männern gespielt.
In seinem Film Fahrenheit 9/11 zeigte Michael Moore bereits 2004, wie im US-Militär junge Soldaten durch solche Spiele auf Kampfeinsätze im Krieg vorbereitet wurden. Diese Art von Kriegsspielen werden demnach von den militärischen Vorgesetzten gezielt eingesetzt, um die jungen Männer gefühllos und unempathisch zu machen, um ihnen Mitleid abzuerziehen, um gegenüberstehende Soldaten nicht mehr als Mensch, sondern als zu eliminierenden Feind anzusehen. Aus Soldaten- bzw. Kriegssicht macht das Sinn. Soldaten sollen in Kampfeinsätzen töten, dazu sind Mitleid und Empathie hinderlich. Soldaten sollen zu Kampfmaschinen erzogen werden. Skrupel zu schießen, zu töten, sollen durch solc