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Wie transatlantische Netzwerke die deutsche Politik beeinflussen

Wie transatlantische Netzwerke die deutsche Politik beeinflussen

Update: 2024-12-19
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Russland wird derzeit von Politik, Nachrichtendiensten und Medien verdächtigt, Einfluss auf die kommende Bundestagswahl auszuüben. Doch wie sieht es mit den USA aus? Welche Interessen haben sie eigentlich am Ausgang der Wahl und welche Möglichkeiten haben sie, darauf Einfluss zu nehmen? Dies ist der zweite Teil einer dreiteiligen Serie, der sich mit transatlantischen Lobbynetzwerken beschäftigt. Im ersten Teil wurden die konkreten Belege für eine russische Einflussnahme näher untersucht. Im dritten Teil werden weitere Einflussmöglichkeiten der USA dargestellt. Von Karsten Montag.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die einseitige Fokussierung auf eine mögliche Einflussnahme Russlands auf die Politik und die Wahlen in Deutschland, wie sie im ersten Teil behandelt wurde, verschleiert die Tatsache, dass auch andere Länder nicht nur ein großes Interesse daran haben, den Ausgang der Bundestagswahl zu ihren Gunsten zu beeinflussen, sondern dazu auch mannigfaltige Möglichkeiten haben. In Anspielung auf die Analyse zum Thema „Gefährdung der Bundestagswahl 2025“ müsste eine entsprechende Warnung des Verfassungsschutzes wie folgt lauten: Vor dem Hintergrund der US-Sanktionen gegen Russland, des von den USA angeführten Stellvertreterkrieges in der Ukraine, der US-Energielieferungen in die EU sowie der generellen Außenpolitik gegenüber Russland haben die Vereinigten Staaten das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Bundestagswahl im eigenen Sinne zu beeinflussen.

Eine US-Regierung sowohl unter Biden als auch unter Trump hat kein Interesse an einem Wahlerfolg von AfD und BSW

Es ist das erklärte Ziel der derzeit noch amtierenden US-Regierung unter Präsident Joe Biden (Demokraten) sowie seiner Partei, den Krieg in der Ukraine fortzuführen und sogar zu eskalieren. Trotz der Ankündigung des künftigen Präsidenten Donald Trump (Republikaner), den Krieg innerhalb von zwei Tagen zu beenden, hat Wahlverlierer Biden den Beschuss russischen Territoriums durch die Ukraine mit US-Kurzstreckenraketen freigegeben. Die russische Regierung wertet diesen Schritt als „Kriegseintritt der NATO-Staaten“.

Zudem hat die US-Regierung erst kürzlich weitere Militärhilfen sowie einen Kredit über 20 Milliarden Dollar für die Ukraine bereitgestellt. Weitere 30 Milliarden sollen von den übrigen G7-Staaten kommen. Ein Wahlerfolg der Parteien AfD und BSW, welche beide eine weitere Unterstützung der Ukraine ablehnen, kann also nicht im Interesse der jetzigen US-Regierung, der Demokratischen Partei und ihrer Unterstützer sein.

Doch auch eine Regierung unter Trump wird kein großes Interesse daran haben, dass diese beiden Parteien mehr Einfluss auf die deutsche Politik ausüben. Denn sowohl die AfD als auch das BSW setzen sich dafür ein, dass Deutschland wieder Energie aus Russland bezieht. In seiner ersten Amtszeit als US-Präsident hat Trump gleich zwei Gesetze unterzeichnet, welche sich gegen den Bau von Nord Stream 2 richteten: den Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act (CAATSA) (zu Deutsch: Gesetz zur Bekämpfung von Amerikas Widersachern durch Sanktionen) sowie den Protecting Europe’s Energy Security Act (PEESA) (zu Deutsch: Gesetz zum Schutz der europäischen Energiesicherheit).

Im Gesetzestext von CAATSA werden diesbezüglich unverhohlen US-Wirtschaftsinteressen offenbart:

Es ist die Politik der Vereinigten Staaten, sich weiterhin (…) gegen die Nord-Stream-2-Pipeline auszusprechen, da sie sich nachteilig auf die Energiesicherheit der Europäischen Union, die Entwicklung des Gasmarktes in Mittel- und Osteuropa und die Energiereformen in der Ukraine auswirkt; und dass die Regierung der Vereinigten Staaten dem Export von Energieressourcen der Vereinigten Staaten Vorrang einräumen sollte, um amerikanische Arbeitsplätze zu schaffen, Verbündete und Partner der Vereinigten Staaten zu unterstützen und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten zu stärken.“

Zudem finden sich auch in der Republikanischen Partei einflussreiche Unterstützer für eine Verlängerung des Krieges in der Ukraine – so beispielsweise Senator Lindsey Graham. Auch von Senator Marco Rubio, designierter künftiger Außenminister unter Trump, ist keine gemäßigte Politik gegenüber Russland zu erwarten.

Generelle geostrategische Ausrichtung der USA zielt auf eine Schwächung Russlands ab

Die generelle strategische Ausrichtung der Vereinigten Staaten gegenüber Russland ist in einem Beitrag der militärisch und außenpolitisch äußerst einflussreichen US-Denkfabrik RAND Cooperation mit dem Titel „Extending Russia“ (Überdehnung Russlands) nachzulesen. In dem 354-seitigen Dokument von 2019 finden sich eine ganze Reihe an Maßnahmen, um Russland zu schwächen. Hierzu gehören unter anderem

  • die Verhinderung russischer Öl- und Gasexporte,
  • die Verhinderung des Ausbaus russischer Pipelines,
  • Verhängung von Sanktionen,
  • Bereitstellung „tödlicher Hilfe“ für die Ukraine,
  • Verstärkung der Unterstützung für die syrischen Rebellen,
  • Ausnutzung der Spannungen im Südkaukasus,
  • Infragestellung der russischen Präsenz in der Republik Moldau,
  • Untergrabung des Ansehens Russlands auf internationaler Ebene,
  • Aufstockung der Landstreitkräfte der USA und der NATO in Europa,
  • Ausweitung der NATO-Übungen in Europa sowie
  • Austritt aus dem INF-Vertrag.

Fünf Jahre nach der Veröffentlichung dieses Dokuments sind die aufgeführten Maßnahmen alle umgesetzt worden oder befinden sich deutlich sichtbar in der Umsetzung – unabhängig davon, wer US-Präsident war und welche Partei in den beiden Kammern des US-Kongresses die Mehrheit hatte. Es drängt sich also der Verdacht auf, dass die Entwicklungen der letzten Jahre – vom Krieg in der Ukraine über die Sanktionen gegen Russland bis hin zum Fall des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad – aktiv von den USA geplant sowie provoziert wurden und dass ein Großteil der EU-Staaten, insbesondere Deutschland, diese Bestrebungen unterstützt hat.

Weitreichende Einflussmöglichkeiten der USA

Im Gegensatz zu Russland, dessen wirtschaftliche und politische Verbindungen zu Deutschland durch Sanktionen und eindeutige, zum Teil feindliche Positionierungen deutscher Führungspolitiker fast vollständig eingefroren und dessen mediale Sprachrohre wie Russia Today und Sputnik in der EU verboten sind, haben die Vereinigten Staaten erhebliche und weitreichende Möglichkeiten, die Politik und öffentliche Meinungsbildung in der EU und in Deutschland maßgeblich zu beeinflussen. Die Palette reicht von transatlantischen und elitären Lobbynetzwerken über Nachrichtenagenturen, US-amerikanische Leitmedien wie die Washington Post, CNN und New York Times, Zensur in Suchmaschinen und sozialen Medien bis hin zu kulturellen Angeboten wie Spielfilme, Fernsehserien und Musik.

Der Einfluss der USA auf Deutschland ist so allgegenwärtig und vielfältig, dass man ihn möglicherweise gar nicht mehr wahrnimmt. Man sieht sprichwörtlich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Insbesondere die Einflussmöglichkeiten der Vereinigten Staaten auf deutsche Politiker, Journalisten, Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler über transatlantische Netzwerke und andere elitäre Lobbyorganisationen sind äußerst kritisch zu bewerten. Denn die über persönliche Kontakte und Verbindungen an die USA gebundenen Schlüsselpersonen der politischen Meinungsbildung nehmen unter Umständen gar nicht mehr wahr, dass sie öffentlich US-amerikanische Interessen vertreten statt deutsche – selbst wenn Erstere sich gegen die Interessen des eigenen Landes wenden.

Transatlantische und elitäre Lobbynetzwerke: Dreh- und Angelpunkt des direkten US-amerikanischen Einflusses auf die deutsche Politik

Zu den einflussreichsten transatlantischen Lobbyorganisationen gehören die Atlantik-Brücke, das American Council on Germany, das Transatlantic Policy Network sowie die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik. Weitere elitäre Lobbyorganisationen mit weitreichenden Verbindungen zu US-amerikanischen Politikern, Militär- und Wirtschaftsführern, Wissenschaftlern und Journalisten sind das Weltwirtschaftsforum, die Trilaterale Kommission, die Münchner Sicherheitskonferenz und die Bilderberg-Konferenz. Besonders erwähnenswert sind Förderprogramm

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