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Schlafen - Wer bin ich in meinen Träumen?

Schlafen - Wer bin ich in meinen Träumen?

Update: 2025-09-012
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Description

Schlaf fasziniert die Menschen seit jeher: Wie nah ist man im Schlaf dem Tod? Was oder wer ist man überhaupt im Schlaf? Philosophie, Literatur, Medizin oder Naturwissenschaften geben Antworten darauf. Die sind über die Jahrtausende hinweg allerdings sehr verschieden. Von Susi Weichselbaumer (BR 2024)


Credits
Autorin dieser Folge: Susi Weichselbaumer
Regie: Susi Weichselbaumer
Es sprachen: Irina Wanka, Burchard, Dabinnus, Silke von Walkhoff, Friedrich Schloffer
Redaktion: Yvonne Maier


Im Interview:
Victor Spoormaker, Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München
Holger Brohm, Institut für Kulturwissenschaft, Humboldt-Universität Berlin 



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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.


Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:



ZITATOR/ ZITATORIN


„Guten Abend, gut Nacht“ gesummt


ATMO Flirrend Feenwald 


1 ZU (13 M - Kind) 


Ich träume am liebsten von Feen, die zaubern lernen in der Zauberschule.


MUSIK Fairies 


ZITATOR/ ZITATORIN


Gute Nacht! // Schlaf schön!


2 ZU (9 W - Kind) 


Beim Schlafen ist der Kopf klar und man hat keinen Sorgen und man träumt was Schönes.


MUSIK Doomed / ATMO Wind / Käuzchen / Schurkenlache


ZITATOR/ ZITATORIN


Bis morgen! // Bis in der Früh! 


3 ZU (3 Q - Kind) 


Wenn ich aufgewacht bin, da habe ich so eine Angst gehabt. 


LANGES ENDE 


4 ZU (2 W- Kind) 


Ich bin nicht so ganz bei mir, glaube ich, und als ich dann aufgewacht bin, war ich erstmal so: Wow!


MUSIK


ERZÄHLERIN


Wer bin ich, wenn ich schlafe? Das ist eine uralte Frage. Die Menschen wahrscheinlich immer gestellt haben und stellen werden. 


ERZÄHLER


Vielleicht ist man der oder das, was man träumt? 


ERZÄHLERIN


Zugleich aber immer noch das eigene ich: Mein reales Ich. 


ERZÄHLER


Und ist der Traum ein extra Raum? In dem eine Geschichte abläuft. Und man ist bei dieser Geschichte – ja – dann wer? 


ERZÄHLERIN


Die Autorin – weil: Man träumt sich das schließlich zusammen. 


ERZÄHLER


Oder es träumt einem! Und in dem Traum, der - bei einem! - abläuft, reagiert man auf das, was passiert. Irgendwie. 


MUSIK ENDE


ERZÄHLERIN


Mein Schlaf und ich – die Beziehung ist kompliziert.


ERZÄHLER


Oder ganz einfach.


5 ZU Brohm 12:20


Einerseits scheint nichts so natürlich, wie zu schlafen. Wir müssen schlafen, wir können uns dem nicht entziehen. 


ERZÄHLER


Sagt Holger Brohm. Er ist Kulturwissenschaftler an der Humboldt Universität zu Berlin.  


6 ZU Brohm 12:20


Zum anderen können wir manchmal nicht schlafen. Wir sind schlaflos. Wir fühlen uns morgens müde, weil wir das Gefühl haben, nicht ausgeschlafen zu sein. Also ergibt sich um den Schlaf herum eine riesige, große Problematik.


ERZÄHLERIN


Das sehen Menschen seit jeher so. Lange weiß man nicht: Was ist Schlaf überhaupt und was genau soll das? 


MUSIK


ERZÄHLER


Heute ist man da weiter. Etwas. 


7 ZU Spoormaker 0.00


Man kann messen, was im Gehirn passiert, und da kann man dann sehen, dass Schlaf nicht eine Periode ist, sondern das sind unterschiedliche Zustände, wo manchmal das Gehirn super aktiv wird und manchmal das Gehirn halb ausgeschaltet ist.


ERZÄHLERIN


Erklärt Victor Spoormaker. Am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München untersucht er seit Jahren per Scan, MRT, EEG: Was macht das menschliche Gehirn im Schlaf? 


8 ZU Spoormaker 0.00


Es sind so Schlafzyklen. Wenn man einschläft, dann hat man erstmal leichten Schlaf, danach kommt man in Tiefschlaf, dann geht man zurück zum leichten Schlaf und dann kommt dieses komische Stadium, wo wir am meisten träumen, REM-Schlaf heißt das so nach Rapid-Eye-Movement – Schnelle-Augen-Bewegungen, und da ist das Gehirn tatsächlich so aktiv wie tagsüber. 


ERZÄHLERIN


In vielen seiner Bereiche.


ERZÄHLER


In einigen wesentlichen aber nicht. Die schalten im REM-Schlaf auf Pause.


9 ZU Spoormaker 1.24


Das sind Hirnareale hinter der Stirn, im präfrontalen  Kortex, und die sind tagsüber zuständig für Planung, Kontrolle, Arbeitsgedächtnis, also höherer kognitive Funktionen, und die stehen aus im REM-Schlaf. 


MUSIK ENDE 


10 ZU Spoormaker 1.24


Und dann wird es interessant. 


MUSIK


ERZÄHLERIN


Das Ich im Schlaf ist viel ausgelieferter als bei Tag. Denn: Kontrollmechanismen fehlen. Herausforderungen begegnet der schlafende Mensch nicht planvoll, vorausschauend.


ERZÄHLER


Sondern in erster Linie uremotional. Da fließen die Tränen im Schlaf.


ERZÄHLERIN


Da wird hemmungslos gelacht.


ERZÄHLER


Heftig geliebt.


ERZÄHLERIN


Sich wild gefürchtet!


MUSIK ENDE


ERZÄHLER


Deshalb passt der Begriff auch nicht richtig. Der Wort-Ursprung von „Schlaf“ ist altgermanisch. Die Goten sagten „sleps“. Alt- und mittelhochdeutsch wurde daraus: „Slaaf“. Gemeint war stets: Ein schlaffer Zustand. Und das ist Schlaf ja nur phasenweise. 


MUSIK


ERZÄHLERIN


Wusste man dereinst eben noch nicht. Wie vieles über den Schlaf. Klar: Gepennt, geratzt, weggeschnarcht wurde immer. Aber ganz angenehm war das – genauso zu allen Zeiten – nicht jeder und jedem. Das Seltsame an der Sache ist ja das Loslassen. Das sich Wegbegeben aus der Realität, aus dem, was wir bewusst wahrnehmen und beeinflussen – sich wegbegeben. 


MUSIK ENDE


ERZÄHLERIN


Wohin eigentlich?


11 ZU Brohm 15:13  


Lange Zeit wurde der Schlaf - schon in der griechischen Mythologie - als ein Bruder des Todes angesehen. Der Schlaf war etwas, was mit Ruhigstellung, mit Passivität verbunden ist. Der Schlaf wurde als Gefahr verstanden. 


ERZÄHLER


In der griechischen Sagenwelt sind der sanfte Schlaf, Hypnos, und der mitleidlose Tod, Thantos, miteinander verwandt.


ERZÄHLERIN


Sie sind Brüder. Söhne der Nachtgöttin Nyx.


MUSIK


ERZÄHLER


Nyx ist komplex.


ERZÄHLERIN


Nyx ist besonders.


ZITATOR


Entstanden aus dem göttlichen Chaos am Anfang allen Seins ist Nyx die Nacht. Ihr Bruder ist die Dunkelheit. Nyx ist riesig. Wenn sie in ihrem Wagen, gezogen von zwei schwarzen Pferden, durch den Himmel rast, wehen ihre langen schwarzen Haare im Wind, die Augen sind nadelspitz –


MUSIK ENDE


ERZÄHLER


Nyx hat in alten Darstellungen weitausladende Schwingen. Sie ist eine geflügelte Göttin. Warum fährt sie im Pferdewagen über den Himmel? Überhaupt: Was sind nadelspitze Augen?


ERZÄHLERIN


Wahrscheinlich solche, die dich durchbohren… Wichtig ist: Die Nacht macht den Menschen in der Antike Angst. Die Söhne der Nyx heißen nicht von ungefähr Tod und Schlaf – das sind Rätsel. Wie lange muss man nicht mehr aufwachen, um tot zu sein? Das ist eine praktische Frage früherer Bestatter. 


MUSIK


ERZÄHLERIN


Der römische Dichter Ovid schreibt:


ZITATOR


Der Schlaf ist das Abbild des Todes. 


ERZÄHLER


Seine Koordinaten kennt die damalige Dichtung sogar auch.


ZITATOR 


Er wohnt in einer Höhle am Ufer des Lethebaches, wohin niemals die Sonne gelangt. 


ERZÄHLERIN


Lethe ist - der Sage nach - einer der Flüsse in der Unterwelt. Der Name meint „Vergessen“. Wer vom Wasser der Lethe trinkt, verliert vor dem Eingang ins Totenreich seine Erinnerung. 


MUSIK ENDE


ERZÄHLERIN


Dann scheiden sich ein bisschen die dichterischen Geister. Manch damaliger Autor belässt die Toten dort. Vergil und andere Schreiber bringen die Seelen zurück ins Leben – ohne Wissen um die eigene Vergangenheit.


ERZÄHLER


Zurück auf Werkseinstellung, würde man heute sagen. 


ERZÄHLERIN


Das ist makaber. 


MUSIK


ERZÄHLER


Naja: Schlaf ist Todes Bruder. Glauben auch die Germanen. Die nennen sowohl den Schlaf als auch den Tod „Sandmann“. Einmal der, der den Kindern Sand in die Augen streut. Und einmal Sandmann im Sinne von „Sendmann“, „Sendbote“, hinüber in die andere Welt. Man kann in alten Zeiten schließlich nicht sicher sein. Die Menschen schlafen nicht nur deshalb zu mehreren in einem Zimmer, weil es wohnraumtechnisch bis in die Neuzeit bei vielen Familien einfach einkommensbedingt eng ist. Man fürchtet die Nacht. Dass morgens aufgewacht wird – sagt die Erfahrung. Aber nicht immer. Und warum dann mal nicht – das kann die frühe Medizin selten erklären. Ihrem Ruf als Wissenschaft wenig zuträglich sind gängige Geschichten von lebendig Begrabenen. Aus Versehen. Wusste man nicht besser. War eben lange nicht wach. 


MUSIK ENDE


ERZÄHLERIN


Schlaf als Scheintod – wird ein verbreitetes Motiv in Sagen, Dichtungen und Märchen. Éin Motiv, das sich hält, weil es fasziniert.


ERZÄHLER


Weil allein die Vorstellung in einem schmalen,

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Susi Weichselbaumer