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WIE MENSCHEN FRÜHER REISTEN – Die Transsibirische Eisenbahn

WIE MENSCHEN FRÜHER REISTEN – Die Transsibirische Eisenbahn

Update: 2025-08-22
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Description

Sie ist die längste Eisenbahnstrecke der Welt - die Transsibirische Eisenbahn. Ende des 19. Jahrhunderts will das Zarenreich mit ihr einen Traum wahrmachen: den Raum besiegen und Russland in die Moderne katapultieren. Von Elsbeth Bräuer (BR 2018)

Credits
Autorin: Elsbeth Bräuer
Regie: Susi Weichselbaumer
Es sprachen: Rainer Buck, Herbert Schäfer
Technik: Susanne Herzig
Redaktion: Thomas Morawetz  
Im Interview: Prof. Dr. Benjamin Schenk

Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks 2025

Besonderer Linktipp der Redaktion:

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Linktipps

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BR (2024): Die Geschichte der Eisenbahn in Deutschland – Vom Adler zum ICE

Neun Minuten dauert die Jungfernfahrt der Lokomotive "Adler". Sie läutet 1835 auf den frisch verlegten Schienen zwischen Nürnberg und Fürth das Eisenbahnzeitalter ein. Seitdem hat sich viel getan in der Geschichte der Eisenbahn... Von Inga Pflug (BR 2020)
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Und hier noch ein paar besondere Tipps für Geschichts-Interessierte:


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Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

MUSIK


ZITATOR
So versank gewissermaßen die europäische Welt hinter uns, und es gab keine Mittel und Wege, die Verbindung mit ihr wieder herzustellen. Aber eine ganz neue und kaum geahnte Welt stieg dafür vor uns auf und sprach in beredter Weise, mit lebhaften Bildern zu unseren Sinnen. Die Eisenbahn brachte durch den unendlich langen Einschnitt, den sie in den asiatischen Kontinent macht, überall neues Leben hervor.


SPRECHER
Sie ist eine Bahn wie keine andere. Die Transsibirische Eisenbahn, von der der deutsche Journalist Eugen Zabel schwärmt, ist längst ein Mythos. Über 100 Jahre später fasziniert sie immer noch Reisende und Russlandfans. Nicht nur für Eisenbahnromantiker ist es ein Traum: Einmal die große Reise von Moskau nach Wladiwostok antreten, über 9.000 Kilometer Schienen, während am Fenster eine endlose Schneelandschaft vorbeizieht, die Eisenbahn sanft rattert und es in den Gängen nach russischem Tee riecht.


MUSIK


SPRECHER
Das Zarenreich im 19. Jahrhundert. Alexander III. herrscht über ein riesiges Imperium – von St. Petersburg im Westen bis zur Pazifikküste im Osten. Doch der Zar hat ein Problem. In den entfernten Gebieten kann er seine Herrschaft schlecht durchsetzen, der Handel mit Sibirien wird erschwert durch schlammige Straßen und unpassierbare Gebiete. Daher geistert jahrzehntelang eine Idee durch die russischen Ministerien. Ein „stählernes Band“ soll Russland wie einen Gürtel zusammenhalten – die Transsibirische Eisenbahn. Es wird die längste Eisenbahnstrecke der Welt werden, ein Viertel des gesamten Erdumfangs. Der Historiker Prof. Benjamin Schenk hat ein Buch darüber geschrieben: „Russlands Fahrt in die Moderne“.


1 O-TON
Das war ein Zeitalter, wo man weltweit daran dachte, große Distanzen mithilfe dieser modernen Infrastruktur zu erschließen. Es war auch die Zeit der großen Verkehrsprojekte auf dem amerikanischen Kontinent, es war die Zeit, wo man den Suezkanal baute und Jules Verne sein Buch schrieb "In 80 Tagen um die Welt", und wo man davon träumte, dass man mithilfe dieses modernen Verkehrsmittels nun Raum und Zeit besiegen könne.


SPRECHER
Der Mann, der für diesen Traum kämpft, heißt Sergei Witte. Sein Herz schlägt für die Schienen. Der Manager berät den Zaren zu Eisenbahnprojekten, wird Verkehrs- und später Finanzminister – er will das Zarenreich moderner machen. In seinem Buch „Die Memoiren des Grafen Witte“ von 1921 beschreibt er, welch großen Stellenwert die Eisenbahn für ihn und den Zaren hat:


ZITATOR
Die Idee, das europäische Russland mit Wladiwostok zu verbinden, war einer der größten Träume von Alexander III. [...] In meiner Funktion [...] setzte ich mich hartnäckig für die Notwendigkeit ein, die große Sibirische Bahn zu bauen. So sehr die früheren Minister den Plan abwendeten, so wollte ich ihn durchführen, erinnere ich mich an mein Versprechen an den Kaiser.
Als Finanzminister war ich in einer besonders guten Position dafür, denn was man für den Bau der Bahn am meisten brauchte, war Geld.


SPRECHER
Was die Eisenbahn angeht, hinkt Russland hinterher. Mit Neid blicken viele in die USA und nach Kanada: Dort schnaufen und rattern schon Züge quer über den Kontinent. Nun soll auch Russland mit einem großen Kraftakt in der Moderne ankommen. Doch wie jedes Großprojekt hat die Transsibirische Eisenbahn ihre Feinde. Bevor sie gebaut wird, wird um sie gestritten – über 30 Jahre lang. Zu teuer, sagen die Kritiker, größenwahnsinnig, ein Projekt, das sich nie lohnen wird. Und dann ausgerechnet Sibirien – das „Reich der Kälte“, groß, wild und unwegsam.


2 O-TON
Sibirien war für Russen, aber auch für Menschen in Westeuropa ein Land, das sehr, sehr weit weg war und ein nicht sehr gut ausgebildetes System von Wegen und Straßen hatte und das wirklich schwer zugänglich war. Und ein Grund, warum man zum Beispiel Sibirien als einen Ort der Verbannung und des Gefängniswesens genutzt hatte, war, dass man nicht nur schlecht hinkam, sondern auch schlecht wegkam. Also es war ein Ort, der im Volksmund als das „größte Gefängnis der Welt“ galt.


SPRECHER
In diesem Gefängnis gibt es Land im Überfluss. Manche versprechen sich davon reiche Gewinne - im Ackerbau und der Viehwirtschaft. Doch die Produkte zu transportieren ist schwierig. Man fährt die Ware mit Schlitten über zugefrorene Wege, unbefestigte Straßen werden schnell mal zu gefährlichen Schlammlöchern. Besonders schlimm ist es im Frühjahr und Herbst. Im Russischen gibt es sogar ein eigenes Wort für diese „Zeit der Wegelosigkeit“: Rasputiza. Die Transsib soll ein kleines Wirtschaftswunder in Gang setzen - und die Regierung hofft, sich damit auch militärisch besser aufzustellen. Schließlich spricht Alexander III. im Jahr 1890 ein Machtwort für die Transsib:


ZITATOR
Es ist Zeit, allerhöchste Zeit.


SPRECHER
Im Mai 1891 tut Alexanders Sohn, der spätere Zar Nikolaus II., den ersten Spatenstich – und zwar im Pazifikhafen Wladiwostok, das heißt übersetzt „Beherrsche den Osten“. An gleich fünf Stellen gleichzeitig beginnen die Bauarbeiten. Doch die Verantwortlichen haben sich bei der Planung verschätzt. Die Eisenbahn kostet weit mehr als erwartet. Der russische Staat soll das Projekt finanzieren – doch der sitzt auf dem Trockenen. Also müssen Kredite aus dem Ausland her, und zwar schnell. Wie begeistert man Investoren und Touristen? Die Verantwortlichen setzen auf die Pariser Weltausstellung. Während in Sibirien die Schienen verlegt werden, läuft die Werbetrommel in der französischen Hauptstadt heiß. Die Weltöffentlichkeit soll Sibirien als Zukunftsprojekt kennenlernen. 


3 O-TON
Man kooperierte mit der internationalen Schlafwagengesellschaft und stellte in einen dieser Pavillons auf der Pariser Weltausstellung Waggons der Luxusklasse und die Besucher der Weltausstellung konnten nun diesen Waggon besuchen, sie konnten dort Platz nehmen und Tee trinken, und während sie dort saßen, ungefähr eine Stunde, wurde an den Fenstern dieses Zuges ein gewaltiges Landschaftspanorama vorbeigezogen, und dieses Landschaftspanorama sollte den Menschen, die in diesem Zug saßen, die Illusion erwecken, dass sie sich im Zug befinden und gerade durch Sibirien fuhren. Und als sie dann nach einer Stunde diesen Zug wieder verließen, wurden sie empfangen v

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Elsbeth Bräuer