DiscoverERF Plus - Bibel heuteVom verlorenen Schaf und vom verlorenen Groschen
Vom verlorenen Schaf und vom verlorenen Groschen

Vom verlorenen Schaf und vom verlorenen Groschen

Update: 2025-10-02
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Der geht zu den Neunundneunzigern. So redete man früher[MB1]  über Menschen, die sich zu einer christlichen Gemeinde hielten. Da gibt es die große Mehrheit der sogenannten Frommen und eine Minderheit, die nicht dazu gehört. Ein Bild, das ein wenig aus der Zeit gefallen scheint. Heute ist es wohl eher umgekehrt: die Vielen, die stehen dem Glauben gleichgülitg oder ablehnend gegenüber; die Wenigen bekennen sich zu ihrem Glauben.



War es zur Zeit Jesu so viel anders? Ich denke nicht. Zwar hatte Glaube und Religion im antiken Israel einen viel höheren Stellenwert als in unserer heutigen Gesellschaft. In den Augen Jesu aber verhalten sich die gläubigen Pharisäerv und Schriftgelehrten oftmals heuchlerisch. Religion wird bei ihnen zum Machtinstrument, mit dem sie sich über andere erheben können. Nach dem Muster: wir sind etwas Besseres als diese Zöllner und Sünder da. Daher die Empörung der Frommen darüber, dass Jesus sich mit ihnen einlässt.



Im Glauben geht es einzig und allein um eines: ums Verloren gehen und ums Wiedergefunden werden. Um das zu verdeutlichen, erzählt Jesus seinen Zuhörern zwei Gleichnisse. Das Bild von der wertvollen Silbermünze mag uns näher sein als das vom Schaf und dem Hirten. Auch leuchtet es nicht unmittelbar ein, weshalb ein Schaf wichtiger sein soll als neunundneunzig andere. Denn auch deren Leben könnte während der Abwesenheit des Hirten gefährdet sein. Der Wolf könnte nur auf diesen Augenblick gewartet haben, um die Herde zu überfallen.



Begeht der Hirte nicht einen schweren Fehler? Die große Herde lässt er zurück zugunsten eines einzelnen Schafes, das wirtschaftlich gesehen kaum ins Gewicht fällt. Die Antwort auf diese Frage lautet: nein. Dreimal Nein.



Denn gerade dieses Schaf hat einen besonderen Platz im Herzen des Hirten. Von klein auf hat er es aufgezogen; an seiner Stimme unterscheidet er es von allen anderen Tieren; er hat es liebgewonnen mit allen seinen Fehlern und Schwächen. In seinen Augen ist dieses Schaf so wertvoll wie für die arme Witwe die Silbermünze.



Das zweite Nein: das verirrte Schaf ist allein für sich verloren. Ohne den Schutz der Herde und des Hirten wird es die kommende Nacht wahrscheinlich nicht überleben; das weiß der Hirte. Und schließlich, am wichtigsten: das verirrte Schaf bin ich selbst.



Verlorene Schafe sind wir alle, Sie und ich. Ohne Gott, den guten Hirten, werden wir die Ewigkeit in Einsamkeit verbringen. Wollen Sie das? Ich nicht, und Gott auch nicht. Er möchte Gemeinschaft haben mit Ihnen und mit mir.



Gott geht jedem einzelnen Menschen nach. Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaardv hat das vor hundertfünfundsiebzig Jahren in einer anschaulichen Geschichte beschrieben. Ein einfacher Arbeiter erhält Besuch von einem Boten des Kaisers. Und welche Botschaft überbringt der Gast? „Ich, der Kaiser, will meine Tochter mit dir vermählen, du sollst Teil der kaiserlichen Familie werden.“ Etwas Besseres könnte dem armen Mann nicht passieren, sollte man meinen: eine hübsche Prinzessin zur Braut und nie mehr Sorgen um Geld. Da muss ich doch einschlagen! Aber von wegen! Es kommt ganz anders.



Das Angebot des Kaisers macht den Mann befangen und verlegen. Wie kommt das? Der Mann kann das Geschenk nicht annehmen, weil er dem Kaiser nicht vertraut. „Ich habe doch gar nichts getan, was mir beim Kaiser Anerkennung verschaffen könnte. Das kann doch nicht ernst gemeint sein; der Kaiser muss einen bösen Hintergedanken haben; er will mich zum Narren halten und mich vor meinen Nachbarn lächerlich machen.“



Ist das nicht erstaunlich und traurig? Nur ein schlichtes „Ja, ich will“ müsste der Mann sprechen und wäre der glücklichste Mensch auf Erden. Dieses „Ja“ aber will nicht über seine Lippen kommen. Das ist seine Verlorenheit. Vor Gott kann ich mich nicht verstecken, weder hinter vermeintlichen guten Taten noch hinter meinem Ansehen in der „Herde“. Vor Gott stehe ich immer nackt da, mit allen meinen Macken und Fehlern. Diese – vielleicht ärgerliche – Einsicht ist der Anfang des Glaubens.



Drei Gedanken am Ende. Erstens: Gott will mich auf seinen Schultern tragen. Er weiß um die Last, die mich zu Boden drückt, die mir jeden Schritt zu Qual werden lässt: meine Schuld, meinen Eigenwillen, meine Selbstgerechtigkeit. Kein Mensch ist ohne Gott: wer ihn nicht kennt oder sich von ihm abwendet, wird seine Abwesenheit als ein Fehlen wahrnehmen, eine Lücke, die ihn schwächt. Wer ihn aber bei sich einlässt, darf immer, auch in den schwersten Stunden, wissen: Gott trägt mich.



Ein zweiter Gedanke: Gott freut sich über jedes wiedergefundene Schaf. „Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war“. Das sagt Jesus über den guten Hirten. Seine Freude ist so groß, dass er sie nicht für sich behalten kann. Vielleicht können wir gerade heute, am Tag der deutschen Einheit, ein wenig nachempfinden, was den Hirten bewegt. Wenn schon eine nationale Wiedervereinigung ein Grund zur Freude ist, wie viel mehr erst das Wiederfinden der vielen geliebten Kinder für Gott!



Und schließlich die Frage: was ist das eigentlich, Umkehr, Heimkehr? „So, sage ich euch, wird Freude sein über einen Sünder, der Buße tut.“ So übersetzt Luther. Ein Sünder, bin ich da gemeint? Tatsächlich mag es Menschen geben, die wenige Sünden begehen; Sünder ist aber jeder Mensch, auch der frömmste.



Anders als wir Menschen lässt sich Jesus nicht vom gesellschaftlichen Ansehen oder von klugen Gedanken oder dem Vorzeigen guter Taten täuschen. Wir sind daran gewöhnt, dass Leistung zählt: im Beruf, in der Partnerschaft, in der christlichen Gemeinde. Jesus ruft uns zu: Stopp! Darauf kommt es in Gottes Reich nicht an. Im Gegenteil: Leistungsdenken oder ängstliche Gedanken können dir sogar den Blick auf mich verstellen.



Ich Schaf merke ja gar nicht, wie ich mich weiter und weiter vom guten Hirten entferne. Wie schnell aber sind meine Kräfte erschöpft, und der Hirte ist nicht mehr in Sicht! Was nun? Von Wölfen gefressen werden? Oder innehalten und nach dem Ruf des Hirten lauschen? Verloren gegangen und wiedergefunden: darum geht es in Gottes Geschichte mit seinen Menschen.



Bei Gott zählt jedes einzelne Schaf. Es geht um Sie und um mich. Gott, der Schöpfer der Welt, der Allwissende, der Richter auf dem himmlischen Thron: dieser Gott ist sich nicht zu schade, einem verirrten Schaf nachzulaufen. Er gibt auch nicht auf und lässt sich von einem Nein nicht entmutigen. Dieser Gott schickt seinen Boten, seinen einzigen Sohn, Jesus Christus, zu mir. Ja, er opfert das Leben seines Sohnes, um mein Herz zu erobern. Bin ich bereit, seine Hilfe anzunehmen? Mein Gewinn wäre unermesslich!


Autor: Nils Bremer





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