Warum ist das Universum so? Eine physikalische Sinnsuche
Description
Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass wir in einem wirklich schicken Universum leben: Es ist nicht zu heiß, nicht zu kurvig, nicht zu langsam, nicht zu leicht und nicht zu leer. Warum scheint alles so gut zusammenzupassen, wie für uns Menschen gemacht?, fragen sich Physiker - und streiten sich bei den Antworten. Autorin: Franzi Konitzer (BR 2024)
Credits
Autor/in dieser Folge: Franzi Konitzer
Regie: Christiane Klenz
Es sprachen: Katja Bürkle, Thomas Birnstiel, Georgi Dvali, Marumi Kado, George Ellis
Redaktion: Katharina Hübel
Im Interview:
• Dr. Fabian Schmidt, Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
• Prof. Marumi Kado, Max-Planck-Institut für Physik (Experimente am Hochenergie-Beschleuniger), Garching
• Prof. Georgi Dvali, Max-Planck-Institut für Physik (Theoretische Physik)
• Prof. George Ellis, Kosmologe und Professor für angewandte Mathematik an der Universität Kapstadt (em.)
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Vom größten Lavasee des Sonnensystems bis zur Entdeckung des Urknalls:
Franzi Konitzer (Autorin dieser Radiowissen-Folge) und Karl Urban erzählen sich abwechselnd wahre
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https://astrogeo.de
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Literatur:
· Why? The Purpose of the Universe – Philip Goff (engl.) Für einen philosophischen Blick auf das Feinabstimmungs-Problem.
· Higher Speculations: Grand Theories and Failed Revolutions in Physics and Cosmology – Helge Kragh (engl.)
· Mit einem Kapitel über die Feinabstimmung der Naturkonstanten aus wissenschaftshistorischer Perspektive
Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
Sprecherin:
Es ist nicht überliefert, ob Gottfried Wilhelm Leibniz –
MUSIK – Johann Sebastian Bach – Fünftes Brandenburgisches Konzert in D-Dur, BWV 1050, III. (Allegro)
Sprecher:
… einer der bedeutendsten Philosophen seiner Zeit, Mathematiker, Universalgelehrter und auf einem Portrait aus dem Jahr 1700 mit leichtem Doppelkinn und einer prächtigen Perücke, dargestellt –
Sprecherin:
… also, ob jener Gottfried Wilhelm Leibniz ein Dankbarkeitstagebuch geführt hat. Regelmäßig zu notieren, wofür man dankbar ist, gilt heutzutage als Achtsamkeitsübung - für mehr Zufriedenheit, mehr Lebensfreude, mehr Wertschätzung. Leibniz gilt als Vordenker der Aufklärung, seine philosophische Grundhaltung war von Optimismus geprägt. Vielleicht hätte Leibniz in einem Dankbarkeitstagebuch den Federkiel angesetzt und seine Philosophie so zusammengefasst:
Sprecher:
¬(Regie: Drama bitte. Am schönsten wäre es, wenn sich der Sprecher gleich selbst mit so einer Perücke auf dem Kopf vorstellt.)
„Ich bin dankbar, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben!“
Sprecherin:
Denn in Leibniz‘ Philosophie hatte der christliche Gott die Welt erschaffen – und vor jenem Schöpfungsakt die Qual der Wahl:
Sprecher:
„Da es aber unter Gottes Vorstellungen eine unendliche Menge möglicher Welten gibt, und doch nur eine einzige davon zur Wirklichkeit gelangen kann, so muss es zu Gottes Wahl einen zureichenden Grund geben, der ihn zu der einen mehr als zu der andern bestimmte.“
Sprecherin:
Schreibt Leibniz 1714 in seiner „Monadologie“. Um es kurz zu machen: Laut Leibniz hat sich dieser Gott für die Welt entschieden, in der es Menschen geben kann. ((Tatsächlich fällt bei näherer Betrachtung auf, dass das Universum wie für uns gemacht zu sein scheint. Immerhin ist es nach dem Urknall nicht gleich wieder in sich zusammengestürzt. Es enthält leuchtende Sterne, die nicht nur hübsch aussehen, sondern die praktischerweise auch Sternenstaub herstellen. Und dieses Universum bietet genügend Zeit, damit aus jenem Sternenstaub Leben entstehen konnte.))
Sprecher:
Dennoch gibt es ein paar Rückfragen zu dieser vermeintlich besten aller möglichen Welten:
MUSIK – Wir sind Helden, Ist das so? (2003, vom Album Die Reklamation) (Regie: Das ist der Anfang vom Lied, der Teil vor dem Gesang eignet sich vielleicht auch als Bett für den Sprechertext davor. … und kann dann in den nächsten Sprechertext erst drunter und dann ausfaden, bevor es mit den Vocals weitergeht.)
„Ist es so, dass dein Herz den Tag in Stunden schlägt?
Ist das so? Ich meine, muss das so?
Ist es so, dass ein Blick die Welt in Scheiben sägt?
Ist das so? Ich meine, muss das so?“
Sprecherin:
Die Frage, warum das Universum so ist, wie es ist, beschäftigt aber längst nicht nur Songwriter, Philosophen oder Theologen – sondern auch Physiker und somit Menschen, die beruflich mit dem Universum zu tun haben. Zum Beispiel den emeritierten Kosmologen George Ellis, ehemals an der Universität Kapstadt.
01 george ellis:
Well, my professional relationship is that I try to understand it. My personal relationship is that I live in it.
Meine berufliche Beziehung zum Universum besteht darin, dass ich versuche, es zu verstehen. Und meine persönliche ist, dass ich in ihm lebe.
Sprecherin:
Als Kosmologe hält sich George Ellis nicht mit Kleinigkeiten wie der Erde, unserem Sonnensystem oder unserer Heimatgalaxie auf. Denn in der Kosmologie geht es ums große Ganze, erzählt Fabian Schmidt vom Max-Plan